Requiem

Dec. 13th, 2011 10:39 pm
ayascythe: Pink Reaper (Default)
[personal profile] ayascythe
Autor: [info]ayascythe 
Fandom: Das Schwarze Auge (DSA)
Charaktere: Adran Leomar Raul von Rabendmund
Rating: PG-13
Language: Deutsch/German
Einstufungen/Warnungen: Pre-Slash/Slash; OC; Character death (ok, das ganze ist eine einzige Death-fic); Mindfuck; Pseudo
Beta: ungebetat
Disclaimer: Das DSA-Universum gehört den Leuten, die es geschaffen haben. Ich weiß zwar nicht, wie die heißen, aber ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass ich nicht dazugehöre. Die Story basiert komplett auf fiktionalen Charakteren. Die Fic wurde unter anderem inspirert von dem Film Stay und der Supernatural-Episode "In my time of dying", falls also irgendwas darin bekannt vorkommt, ist es sehr wahrscheinlich von dort geklaut inspiriert worden.

Zusammenfassung: "Wer bist du?" Die Frage verwirrt dich. Bis dir bewusst wird, dass du sie nicht beantworten kannst. Egal, wie sehr du es versuchst, du findest keine Antwort darauf. Überrascht erwiderst du den Blick stahlgrauer Augen. „Ich weiß es nicht.“

A/N: Katharsis-Fic über meinen dahingeschiedenen Rollenspiel-Chara (ja, ich hab's sehr schwer genommen XD). Schon etwas älter. Außerdem basiert das meiste auf Insider-Wissen aus der Kampagne, wird somit für die meisten unverständlich sein und verdient wohl das Prädikat "WHAT IS THIS, I CANNOT EVEN. WHAT IS THIS."


Requiem

Als du zu dir kommst, strahlt das Praiosschild brennend auf dich nieder. Du drehst dich schwerfällig auf den Rücken und blinzelst in strahlendes Licht. Eine Zeit lang bleibst du einfach liegen. Schließt wieder die Augen, siehst blind in den Himmel, bis blaue und gelbe Punkte hinter deinen Augenlidern tanzen. Ganz nah hörst du das Plätschern von Wasser gegen Stein, etwas ferner Meeresrauschen. Du solltest dich fragen, wo du bist, warum du hier bist, was geschehen ist. Du solltest viele Dinge, doch in deinem Kopf herrscht Leere.

Nur langsam kannst du dich dazu überwinden dich zu bewegen. Deine Gliedmaßen sind steif und ungelenk wie die einer billigen Holzpuppe. Mühevoll richtest du dich auf und kommst auf die Beine. Du befindest dich in der Mitte eines Hafenplatzes. Obwohl die helle Scheibe über dir im Zenit steht, ist keine Menschenseele zu sehen. Westlich liegt ein einsamer Leuchtturm. In der Ferne kräuselt sich eine dünne Rauchwolke in den Himmel. Sie entstammt einem Berg – einem Vulkan.

Pailos. Der Name springt dir ins Gedächtnis, noch bevor du dir Gedanken darüber machen kannst, ob du diesen Ort kennst. Du weißt, dass es eine Insel ist – die größte einer ganzen Inselgruppe sogar. Du weißt, dass die Stadt, die vor dir liegt, Teremon sein muss. Du weißt sogar, dass es gerade zur Mittagszeit unerträglich heiß hier werden kann und der Staub der Straße selbst nachts noch Wärme unter deinen Füßen abstrahlt. Du weißt all dies mit Bestimmtheit und du kennst diese Insel nicht.

Erneut blickst du nach oben zur Praiosschreibe. Es sollte heiß sein.

Auf deiner Haut liegt nur die Schwüle der Nacht.

*

Du siehst den Jungen zum ersten Mal in einer schattigen Seitengasse: helle, blonde Haare, die schon fast einen Stich ins Rote haben und graue Augen, die dich eigensinnig ansehen. Sein Gesicht ist voller Sommersprossen und blass - bis auf seine linke Wange. Die ist rot gefärbt, so als hätte er vor nicht einmal fünf Minuten eine ordentliche Backpfeife bekommen.

"Wer bist du?"

Der Junge zuckt mit den Schultern. Er kann nicht mehr als zehn oder zwölf Götterläufe zählen. "Wer bist du?"

Die Frage verwirrt dich. Bis dir bewusst wird, dass du sie nicht beantworten kannst. Egal, wie sehr du es versuchst, du findest keine Antwort darauf. Überrascht erwiderst du den Blick stahlgrauer Augen. „Ich weiß es nicht.“

Daraufhin nickt der Junge nur, als habe er nichts anderes erwartet. „Das sagt mir mein Vater auch immer. Dass ich mir nicht klar ist, wer ich bin. Und dass ich es gefälligst lernen soll.“ Abwesend reibt er sich mit dem viel zu langen Ärmel seiner Tunika über die rote Wange. Grinst. „Aber ich hab's nicht vor.“

„Wo kommst du her? Wo ist dein Zuhause?"

"Ich hab kein Zuhause. Ich hatte nie eins."

Du betrachtest das blasse, trotzige Gesicht für einen Moment, erinnerst dich an deinen eigenen Vater, denkst an deine vielen Geschwister und meinst dann tonlos: "Ich auch nicht."

Auch daraufhin nickt der Junge. Zögerlich, und nicht ohne das Funkeln in seinen Augen ganz abzulegen, aber er nickt. „Wo ist die Kette?“

„Welche Kette?“ Deine Hand fasst unwillkürlich an deinen Hals, obwohl du weißt, dass dort nichts sein wird.

„Silbern mit Anhänger. Ein Vogel. Ein Rabe oder etwas in der Art.“

„Da ist keine Kette.“

„Schade. Ich dachte, du hättest sie vielleicht gefunden."

„Hast du sie verloren?“

Doch der Junge antwortet nicht. Lächelt nur. Bevor du ihn aufhalten kannst, dreht er sich um und verschwindet am anderen Ende der Gasse.

*

Du schreitest durch verlassene Straßen in der Mittagssonne. Die hellen Steinbauten reflektieren das Licht und blenden dich. Von Zeit zu Zeit kreuzen einsame Händlerbuden und Karren deinen Weg. Aber keine Menschen, keine Elfen, keine Zwerge, keine Tiere. Gar nichts.

Manchmal glaubst du Stimmen zu hören, leise, wie das Rauschen des Meeres, das mit dem Wind landeinwärts getragen wird. Männerstimmen. Befehle. Das unbeabsichtigte Klirren von Stahl auf Stahl, wenn Soldaten marschieren. Doch auf dein Rufen scheint nie mehr als Antwort zu kommen als das das leise Hallen in den schmalen Gassen, die du durchquerst. Nach einigen Stunden versagt dir die Stimme und du gibst es auf.

Schließlich brichst du eine Haustür ein, nur um auch dahinter eine verlassene Wohnstätte vorzufinden. Du wiederholst dies in verschiedenen Teilen der Stadt, immer mit dem gleichen Resultat. Irgendwann gibst du auch das auf.

*

Der Junge taucht auf wie bei eurer letzten Begegnung – unvermittelt und scheinbar aus dem Nichts. Dieses Mal scheint er keine Backpfeife kassiert zu haben, doch seine Augen sind noch genauso grau und stur. Es fühlt sich vertraut an: dieser Ausdruck, die Art wie er die Arme verschränkt sowie gleichzeitig in sich zu verschwinden und sich der Welt zu stellen versucht. Du willst ihm sagen, dass es in Ordnung ist, dass alles irgendwann besser werden wird, beißt dir aber auf die Lippe, bevor du es aussprechen kannst.

„Du warst noch immer nicht dort.“

„Wovon sprichst du?“, fragst du verwirrt.

Statt einer Antwort hebt der Junge den Arm und deutet in nordwestliche Richtung. Dein Blick folgt der Bewegung, erspäht einen auf einem Hügel gelegenen Stadtteil, der dir bisher nicht aufgefallen ist. Zwischen den niedrigeren Dächern heben sich die weißen Säulen und der Giebel eines Tempels hervor. Tatsächlich musst du bereits Dutzende Male die Grenzen dieses Bereiches gestreift haben, doch du hast ihn nie betreten. Es scheint, als hättest du diesen Teil bei deinen langen Wanderungen übersehen. Oder du bist ihn unbewusst umgangen … immer und immer wieder.

Du schluckst. Das erste Mal seit einer langen, langen Zeit verspürst du das beklemmende Gefühl von Angst, das sich wie eine Klaue um dein Herz legt. Du willst die Antwort nicht wissen, dennoch fragst du: „Was ist dort oben?“

„Sie warten schon.“

„Wer?“

Doch als du dich umdrehst, ist der Junge schon wieder verschwunden.

*

Du läufst. Stundenlang. Tagelang. Wochenlang. Die Praiosscheibe steht ewig im Zenit und wirft ihr unerträglich strahlendes Licht in die Welt. Du bekommst Kopfweh davon – ein dumpfes, permanentes Pochen hinter deiner Schläfe, das dich nicht mehr loslässt. Du möchtest schlafen, in Dunkelheit versinken, doch auch für dich scheint die Zeit auf dem Zenit stehen geblieben zu sein.

*

Es ist ein Efferd-Tempel. Während du den Hügel hinaufschreitest, jeder Schritt ein bisschen schwerer als der zuvor, ist es das, was du feststellen kannst. Du kannst nicht sagen, weshalb, aber als du die Delphin-Verzierungen der Säulen zum ersten Mal richtig ausmachen kannst, zerreißt es dir beinahe das Herz.


Du betrittst den weiten Vorplatz und zum ersten Mal, seit du erwacht bist, bricht Finsternis über die Insel herein. Für einen Augenblick bist du verwirrt. Für einen weiteren beinahe erleichtert.


Dann erinnerst du dich und die Welt um dich herum zerfällt zu Scherben.

*

Du siehst sie alle sterben, immer und immer wieder. Ganz gleich, was du tust, du bist hilflos und stets zu spät.

Miriels Leben zerrinnt in deinen Händen wie Wasser. Du hältst sie fest und stammelst sinnlose Worte (neinneinneinbleibda), doch sie ist bereits zu weit weg. Ihre Augen werden trüb, trüber, bis sie dich mit leerem, vorwurfsvollem Blick anstarren. Deine Schuld, scheinen sie zu sagen und du kannst nichts dagegen einwenden. Es ist die Wahrheit.

Mittlerweile bereust du es, dass du damals nicht den Pakt eingegangen bist. Du würdest deine Seele für jeden von ihnen eintauschen (Kasumi. Andrax. Faenwulf. Und so viele mehr.), wenn du dadurch nur irgendjemanden retten könntest. Doch egal, wie laut du darum bittest, niemand scheint dich zu hören.

Du siehst auch Xolgrim sterben, Rüstung und Knochen zerschmettert, der unbesiegbare Zwerg letztendlich doch bezwungen – selbst wenn dir daran etwas falsch vorkommt. Alles ist falsch hier, wenn man es genau nimmt, aber Xolgrims Tod scheint nicht die richtige Art von Falsch zu sein. Blutüberströmt, die Augen blind vor Tränen, ist es die einzige Sache, die dich stutzen lässt. Doch es tut so weh, zu sehr, und noch bevor deine Gedanken sich rühren können, stehst du mitten in einem Meer Al'Anfanischer Soldaten.

Klingen, Speere, Bolzen reißen an deiner Haut und Kleidung. Irgendwo, nicht allzu weit entfernt in der Masse aus tobender Gewalt kannst du Beowulfs wütenden Kriegsschrei hören. Auch der Thorwaler wird sterben, aber der letzte Schwertstreich durchbricht deinen Unterleib, bevor du Zeuge davon werden kannst.

Die Welt wird schwarz, und du lässt dich dankbar in Borons Arme fallen, bevor alles wieder von vorne beginnt.

*

„Du hast schon wieder den Weg vergessen, nicht wahr?“

Der kleine Junge steht vor dir. Dieses Mal hat er schmutzige Knie, einen aufgeschlagenen Ellenbogen und ungeduldige Augen. Obwohl seine Kleidung aus feinsten Stoffen besteht und einen edlen Schnitt hat, scheint er sich größte Mühe gegeben zu haben, sie zu ruinieren.

„Ja“, erwiderst du. „Verzeih. Zeig ihn mir erneut. Nur noch dieses eine Mal, ja?“

Ein Arm deutet in eine altbekannte Richtung. „Sie warten schon.“

„Ich weiß, Kleiner.“ Du lächelst müde. „Ich weiß.“

*

Du erwachst am Hafen. Wanderst ziellos durch die Stadt. Siehst deine Freunde fallen und fällst selbst.


Viele, viele Male.

Selbst wenn du dich erinnerst, selbst wenn du weißt, was dich erwartet, kannst du es nicht aufhalten. Du wüsstest nicht, wie. Du wüsstest nicht, ob du überhaupt wolltest. Auf eine seltsame Weise, fühlt es sich richtig an.

Du schläfst nie.

*

Es passiert viele Jahre später. Zumindest schätzt du, dass es Jahre sind. Vielleicht auch nur ein paar Tage. Oder ein Augenblick. Wichtig ist nur, dass es passiert.

Eine Gestalt tritt auf die Straße. Für einen Augenblick glaubst du, der Kleine statte dir wieder einen seiner vielen Besuche ab, doch die Gestalt ist zu groß. Hat breitere Schultern. Braunes Haar. Schlichte Gewänder. Und eine Maske, die die obere Hälfte ihres Gesichts verdeckt.

Ein anderer Mensch, hier in Teremon. Der Anblick erschüttert dich so sehr, dass du glaubst, einer Illusion zum Narren gefallen zu sein.

„Wer seid Ihr?“, fragst du atemlos. Dabei trittst du vor, packst den Mann an den Schultern und vergisst jegliche Etikette, die dir jemals am Hofe eingebläut wurde. Du musst wissen, ob er echt ist. Der Mann reagiert nicht darauf, sondern scheint dich nur unter seiner Maske hervor anzusehen. Erst von nahem wird erkennbar, dass sie die Züge eines Fuchses darstellen soll. Um die leeren, dunklen Augenhöhlen liegt ein listiges Kräuseln, so als wisse er ein besonders gutes Geheimnis.

„Wer seid Ihr?“, entgegnet er und die Stimme klingt wie eine lang vergessene Erinnerung.

„Ich weiß es nicht.“ Zum ersten Mal stört dich diese Unwissenheit, mehr als du in Worte fassen kannst. Du erinnerst sich an so vieles, warum nicht daran? Du schweigst und starrst den Mann hilflos an. Er scheint deinen Blick zu erwidern. Dann wendet er den Kopf zu den Händen, die noch immer seine Schultern festhalten. Du kannst es zwar nicht sehen, aber es ist, als zöge er die Augenbrauen hoch. Unwillkürlich lässt du von ihm ab.

„Ich weiß es nicht,“ wiederholst du leise, beinahe verlegen.

Der Fuchs betrachtet dich einen weiteren Augenblick lang, so als suche er etwas in deinem Blick. Ob er es gefunden hat oder nicht, kannst du nicht beurteilen, aber schließlich nickt er. Damit dreht er sich um und beginnt zu rennen, schneller und flinker, als du erwartet hättest. Er rennt, rennt, rennt, und bevor du dir bewusst wirst, was du tust, setzt du ihm nach.

*

Es ist der Efferd-Tempel. Mit jedem Schritt, den du den Hügel hinaufeilst, wird dir klarer, wo der Fuchs dich hinführen will. Du siehst die weißen Säulen, die Delphin-Verzierungen an den Säulen, fühlst den Schmerz, der dein Herz zu erdrücken droht. Vor allem anderen jedoch fühlst du Furcht. Du willst nicht dort hinauf, nicht schon wieder, niemals wieder.

Du willst langsamer werden, willst ihm zurufen, dass ihr umkehren müsst. Bevor du die Lippen bewegen kannst, spürst du heißen Atem an deinem Ohr. Du weißt nicht, wann es passiert ist oder wie, aber er rennt direkt hinter dir.

„Wende dich nicht ab“, hörst du ihn raunen, kein bisschen außer Atem. „Das bist du ihnen schuldig. Und dir auch.“

Du schluckst. Und weißt, dass er recht hat.

Du drehst dich nicht um, doch der Fuchs bleibt immer in deinem Blickwinkel, während du deinen Weg fortsetzt. Als du den großen Vorplatz betrittst, legt sich Dunkelheit über die Insel. Einen Moment lang hältst du den Atem an.

Dann erinnerst du dich und die Welt um dich herum zerfällt zu Scherben.

*

Eine deiner eindrücklichsten Erinnerungen an deinen Vater besteht aus einem strahlenden Nachmittag im Garten, als du nicht mehr als zehn Götterläufe alt warst.

Du hast dir ein Wettrennen mit dem Hund des Kochs geliefert, hast ihn durch die Gassen von halb Gareth gejagt nur um verschwitzt und verstaubt wieder im Garten deiner Familie zu landen. Lachend hast du dich von dem Tier ablecken und ins Blumenbeet werfen lassen, bis ihr beide mehr Erde als Junge oder Hund wart. Nachdem das Tier zufrieden wieder davongetrottet war, legtest du dich seufzend in die Sonne. Es war ein so schöner Tag, zu schön um ihn mit zermürbendem Unterricht zu vertun. Grinsend zogst du einen Apfel aus der Tasche und wolltest gerade hineinbeißen, als ein großer Schatten zwischen dich und die Praiosscheibe trat.

„Vater! Möchtet Ihr? Ich hab ihn von einem der Stände“, sagtest du hoffnungsvoll und hieltest ihm den Apfel hin. Das „geklaut“ hast du wohlweislich weggelassen, aber dein Vater schien dennoch zu ahnen, dass du dafür keinen Kreuzer gezahlt hattest. Er lächelte nicht. Er nahm nicht den Apfel entgegen. Er sagte kein Wort.

Er holte aus und gab dir eine schallende Ohrfeige.

„Du bist nicht mehr im Hause deiner Mutter“, sagte er und in seiner Stimme war keinerlei Gefühlsregung zu hören. „Du bist jetzt ein Rabenmund. Ganz Gareth urteilt über das, was du tust und sein wirst. Verhalte dich dementsprechend.“

Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ dich alleine im Garten stehen. Du warst so überrascht, dass du erst Augenblicke später das heiße Brennen an deiner Wange spüren konntest.

Es ist weder eine besonders außergewöhnliche Erinnerung – Ohrfeigen hast du dir viele eingefangen –, noch die erste oder die letzte. Aber es ist dieses Gefühl von enttäuschter Hoffnung, hoffnungsvoller Enttäuschung, das du niemals wieder vergessen hast.

Man erwartete stets Manieren, Tugend und Ruhm von dir, doch hinter deinem Rücken haben sie alle bereits um dein Versagen spekuliert. Niemand traute einem Bastard viel zu.Also gabst du ihnen genau das: enttäuschte Erwartungen, spöttische Manieren, Chaos und Spielsucht. Und dir selbst die Freiheit, dich nicht mehr um sie kümmern zu müssen.

Es war einfach. Unterhaltsam. Nährte den Zyniker in dir.

Und es war einsam.

*

„Warum ...“

sehe ich sie nicht sterben?, willst du fragen als die üblichen Visionen ausbleiben, aber du schweigst. Der Fuchs scheint dennoch zu ahnen, was dir durch den Kopf geht, denn er sagt: „Ihr habt genug Tod gesehen.“

Also bringt er mich … hierher?

Du siehst dich an dem neuen Ort um und sehr schnell wird dir klar, dass dies nicht mehr Teremon, ja, nicht einmal Pailos sein kann. Die Gemälde, die Möbel – du kennst diesen Raum. Du bist hier schon hunderte Male aufgewacht und hast die Verzierungen am Bettkopf mit den Fingerspitzen abgetastet, während du darauf gewartet hast allmählich wach zu werden.

Fragend siehst du den Fuchs an, bis du einer weiteren Person im Zimmer gewahr wirst: ein hoch gewachsener Mann mit silbrig blonden Haaren und dichtem Bart, die Kleidung die eines Edelmanns, während er mit hinter dem Rücken verschränkten Händen am Fenster steht. Seine Züge sind streng, und doch liegt in den stahlgrauen Augen und den zusammengezogenen Augenbrauen etwas, das dort nicht hineinpasst. Das du dort noch nie so gesehen hast, auch wenn du schon viele andere Gefühlsregungen in diesem Gesicht gesehen hast: Zorn, Kälte, Enttäuschung, Resignation.

„Vater ...“, rutscht es aus dir heraus, doch er scheint dich nicht zu hören. Von hinten fühlst du, wie sich eine warme Hand auf deine Schulter legt.

„Er wartet“, meint der Fuchs.

„Worauf?“

„Das spielt keine Rolle.“ Ein Lächeln, seltsam anziehend und melancholisch zugleich. „Das, worauf er wartet, wird nicht eintreffen. Niemals wieder.“

Dein Vater seufzt und wendet sich von dem Fenster ab. Noch immer, scheint er euch nicht zu bemerken, selbst als er direkt an euch vorbei schreitet und auf etwas zuhält, das dir bis eben nicht aufgefallen ist. Wieder etwas, das eigentlich nicht in diesen Raum gehört, wieder etwas, das du nicht erwartet hättest.

„Ist das …?“ Dir stockt ein wenig der Atem, als du beobachtest, wie sich dein Vater über das kleine hölzerne Bett mit weißen, bestickten Vorhängen beugt. Ein leises gurgelndes Geräusch, das dir wie ein Lachen vorkommt, ertönt daraus.

Die Hand des Fuchses drückt kurz deine Schulter, bevor er deine Gedanken bestätigt. „Eure Schwester.“

Du versuchst dich vorzubeugen und einen Blick auf das kleine Mädchen zu erhaschen. Du willst den Menschen kennenlernen, von dem du bisher nur in einer unpersönlichen Nachricht aus der Ferne gehört hast. Doch jedes Mal, wenn du glaubst, endlich einen Winkel gefunden zu haben, der dir mehr offenbaren kann, hindert dich etwas daran: die Vorhänge, der Körper deines Vaters, der im Weg steht, die Hand an deiner Schulter, die dich eisern festhält. Gerade, als du dich verärgert zum Fuchs umdrehen willst, hörst du wieder seine Stimme an deinem Ohr, beschwichtigend und eindringlich.

„Ihr könnt nicht bleiben.“

„Warum nicht?“, wirfst du ihm entgegen, trotzig, beinahe herausfordernd, und bist dir sicher, dabei wie der kleine Junge aus den Straßen Teremons zu klingen. Du weißt nicht, auf wen du wütender bist: Auf ihn, weil er dich davon abhält, deine Schwester zu sehen, oder auf dich, weil du dich noch immer an diesen einen Gedanken klammerst, der sich in dir festgesetzt hat, seit du von ihrer Geburt gehört hast. Dass es vielleicht jemanden geben könnte, der noch frei von Vorurteilen ist. Dass es jemanden geben könnte, der dich betrachten und dir eine Chance hätte geben können. Den du vorbehaltlos in dein Herz schließen hättest können, obwohl – oder gerade weil – dieser Mensch zu deinem Blut gehört.

„Es wird Zeit, dass Ihr weiterzieht. Auf Euch wartet mehr als die Insel. Mehr als das hier.“

„Aber ich kann nicht-“, willst du einwerfen, unterbrichst dich selbst dabei. Dein Blick geht zurück zu dem Bettchen, zu dem Kind, das du noch immer nicht richtig ausmachen kannst. Du hebst deine Hand, so als könntest du es dadurch erreichen, ballst sie dann wieder zur Faust. „Ich kann nicht. Es gibt zu vieles, das unbeendet ist.“

„Das ist kein Grund. Vielen Leuten bleibt es untersagt, das zu beenden, was sie angefangen haben. Was macht Euch zu einer Ausnahme?“

„Ich kann nicht gehen,“ wiederholst du lediglich.

„Warum nicht?“

Einen Augenblick lang überlegst du ernsthaft, was die Antwort zu dieser Frage sein kann. Dir fallen Dutzende Gründe ein: Tode, die du verschuldet hast und wieder gut machen musst, verpasste Chancen, unbeendete Aufgaben, die Suche nach Zugehörigkeit. Das Brennen von Ungerechtigkeit in deiner Brust. Nichts davon fühlt sich richtig oder gerechtfertigt an.

„Es herrscht ein Krieg da draußen“, erwiderst du schließlich. „Ich muss helfen ihn zu beenden, oder es werden noch mehr Menschen sterben. Zu viele. Ich werde gebraucht. Timor-“

Zum ersten Mal, seit du ihn getroffen hast, zeigt der Fuchs eine andere Regung als verständnisvolle Ruhe. Er … schmunzelt.

Timor“, sagt er mit einem kräuseln um die elegant geschwungenen Lippen, „wird es auch ohne Euch schaffen. Oder meint Ihr, jemand wie er würde den Erfolg eines Unternehmens von einer einzigen Gruppe Kämpfer abhängig machen? Oder gar einem einzigen Herold?“

Selbstverständlich hat er recht, aber das ändert nichts an der lodernden Wut, die daraufhin langsam deine Kehle emporsteigt.

„Warum könnt Ihr nicht einfach loslassen?“, hakt er weiter nach. „Meint ihr, dass Timor nicht längst einen Ersatz für Euch gefunden hat? Denkt Ihr etwa, Timor braucht Euch?“

Ein leises Lachen entkommt seinen Lippen. Es ist arrogant und eingebildet und zugleich das Menschlichste, was er dir bisher gezeigt hat.

Dir platzt der Kragen.

*

Es gibt viele Dinge, die du bereust. Aber nur wenige, die du so sehr bedauerst, wie Timor.

„Jeder hat Angst vor dem Tod, das ist nichts Ungewöhnliches.“

„Das mag sein. Aber zu verschwinden und niemandem in Erinnerung bleiben. Niemals wirklich – niemals geliebt worden zu sein. Das fürchte ich.“

Sicher. Er war ein Prinz. Der Horas-Nachfolger. Und selbst für einen normalen Mann hatte er etwas … Gefährliches an sich. Diese Aura von kaltem Feuer, an der man sich verbrennen konnte, wenn man ihr zu nahe kam. Es hatte bestimmt einige gegeben, die sich freiwillig die Finger verbrannten, und das zu Recht. Timor war ein Mann, dem man folgen wollte, egal wohin oder wie weit.

„Niemals geliebt worden zu sein? Ihr überrascht mich. Ich dachte, Ihr entstammt einer großen Familie.“

„Blutsverwandtschaft bedeutet nicht unbedingt Liebe.“


Doch wenn du an Timor dachtest, jedes Mal, wenn du ihn angesehen hast, sahst du den Mann, mit dem du eines abends Boltan gespielt hast. Ein Mann, der etwas melancholisch war und zu viel gesehen hatte. Ein Mann, auf dem die Last eines ganzen Königreiches lag. Und ein Mann, der auf seine Weise genauso einsam war wie du.

„... Vielleicht sind wir uns doch nicht so unähnlich.“

Du hättest dich gerne an Timor verbrannt. Und – vielleicht – hättest auch du deine Spuren hinterlassen.

Du wirst es nie wissen. Es ist dieser Gedanke, mehr als jeder andere, der in dir tobt wie Donner und Feuer. Es ist dieser Gedanke, der dich nicht akzeptieren lässt, dass du gestorben bist.

*

Deine Hand schnellt nach vorne, noch bevor dir oder ihm klar wird, was du vorhast. Deine Finger krallen sich in die Vorderseite seines Gewandes und du ziehst ihn an dich, ziehst ihn hoch an dein Gesicht, bis er sich auf die Zehenspitzen stellen muss. Er mag vielleicht schnell und hochmütig sein, aber du bist größer und vor allem stärker.

„Weil es nicht fair ist!!!“, brüllst du ihm ins Gesicht. Du beugst dich noch näher an ihn heran, sodass deine Nasenspitze beinahe die hölzerne Fuchsschnauze seiner Maske berührt. Selbst aus dieser Nähe wirken die Augenhöhlen schwarz und undurchdringlich.

„Es hätte nicht enden müssen, dort oben bei diesem verdammten Efferd-Tempel“, zischst du weiter. „Wir waren närrisch und ich war lebensmüde und es hätte nicht sein müssen. Wenn Timor es verlangt hätte, wäre ich für ihn gestorben. Aber nicht so. Das hätte er nicht gewollt. Nur ein bisschen länger, nur ein paar Monde mehr und wir hätten es beenden können. All diesen Wahnsinn und diesen sinnlosen Thronfolgekrieg. Außerdem ...“

Du stockst einen Augenblick lang, weil du nicht weißt, ob du die nächsten Worte aussprechen sollst. Der Fuchs zeigt keine Regung, doch das arrogante Lächeln ist von seinen Lippen verschwunden.

„Außerdem …?“

„... Außerdem spielt es keine Rolle, ob Timor mich gebraucht hat.“ Du atmest ein paar Mal tief durch. Noch immer glüht das Gefühl von Zorn und Ungerechtigkeit in dir, sodass es dir schwerfällt, die nächsten Worte hervorzubringen. „Ich habe ihn gebraucht.“

Dir wird klar, dass es vielleicht das erste Mal in deinem Leben ist, dass du dir dieses Gefühl gegenüber jemand anderem erlaubt hast. Das erste und das letzte Mal. Dein Zorn verebbt so schnell wie er gekommen ist, hinterlässt eine stumpfe Leere in dir. Der Griff deiner Finger lockert sich, während der Stoff des Hemdes ihnen langsam entgleitet.

„Seid kein Narr, Herold“, meint der Fuchs endlich. In seiner Stimme ist diesmal kein Spott zu vernehmen. Ganz im Gegenteil lächelt er dich warm und freundlich an. „Timor wird seinen Weg gehen. Eure Famile wird weiterleben. Das Horas-Reich weiter bestehen oder untergehen. Die Sterne werden weiterziehen und Wanderern den Weg weisen. Auch ohne euch.“

Du wendest deinen Blick ab. Weil du das freundliche Lächeln nicht ertragen kannst. Weil du weißt, dass er recht hat. Du spürst, wie seine Finger über deinen Nacken streichen. Unwillkürlich fühlst du Hitze in deine Wangen steigen, doch bevor du etwas entgegnen kannst, wird dir klar, dass er etwas von deinem Hals herunter zieht.

„Das hier werde ich an mich nehmen.“

Aus dem Augenwinkel kannst du noch sehen, wie sich die Hand des Fuchses um eine silberne Kette schließt. Zwischen seinen Fingern blitzt der Anhänger hervor. Ein Vogel. Ein Rabe. Du erinnerst dich an den Kleinen und das Schmuckstück, dass er dir beschrieben hat, und fragst dich noch, wie es an deinen Hals gekommen ist.

„Aber das gehört dem Jungen“, protestierst du halbherzig, doch der Fuchs lächelt nur.

„Ich werde es seinem Vater bringen. Ich denke, das wäre in seinem Sinne.“

Du nickst benommen, während er die Kette in seiner Tasche verschwinden lässt. Unschlüssig stehst du vor ihm und wartest darauf, was als nächstes passiert. Er sieht dich geduldig an. Womöglich, weil er weiß, dass es für dich noch nicht ganz vorbei ist. Da ist eine Frage, die dir auf der Zunge liegt, und doch hast du Angst vor der Antwort.

„Glaubt Ihr, sie werden mich vergessen?“, bringst du schließlich hervor. Deine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern.

„Wer sind 'sie'?“

Du zuckst mit den Schultern. Deine wenigen Freunde, die Boron noch nicht zu sich geholt hat? Deine Familie, die dich wahrscheinlich bereits vergessen hat, als du Gareth verlassen hast? All die Männer, die du nie wirklich geliebt hast? Du weißt es ja selbst nicht genau.

„Alle und niemand.“ Unsicher fährst du dir mit den Händen durch die Haare, stockst, könntest dich selbst dafür treten, wie hilflos deine nächsten Worte klingen. „Irgendwer da draußen auf Dere … der mich nicht vergisst?“

Der Fuchs schnaubt ungehalten, während er wieder näher an dich herantritt. Du siehst ihn fragend an, doch bevor du etwas sagen kannst, fühlst du erneut seine Hand in deinem Nacken und einen Moment später seine Lippen auf deinen.

Deine Überraschung weicht schnell. Dir fallen die Augen zu, als du ihn noch näher an dich ziehst und den Kuss zu erwidern beginnst. Er schmeckt fremd und seltsam vertraut zugleich. Nach einer lang vergessenen Erinnerung. Nach einer Boltannacht zu zweit und all den Dingen, die niemals waren und hätten sein können.

Es dauert Jahre, bis ihr euch wieder voneinander löst.

„Es ist Zeit für Euch zu gehen.“

Seine Stimme klingt heiser, beinahe reumütig. Du fühlst, wie sich seine Stirn gegen deine lehnt, und obwohl du nur das kühle Holz seiner Maske spüren solltest, ist da das warme Gefühl von Haut an Haut. Du weißt nicht, ob du dir die nächsten geflüsterten Worte nur einbildest, aber sie hüllen dich ein wie ein Mantel aus Versprechen und Hoffnung.

(„Ich werde mich an dich erinnern, Adran. Vielleicht bleibt nicht alles unvollendet.“)

Fingerspitzen geistern über deinen Hals, warmer Atem streift deine Wange, Kleidung raschelt, als der Fuchs von dir weg tritt. Dir gehen Worte durch den Kopf, die du aussprechen könntest. Schöne Worte, die ergreifen. Weise Worte, die im Gedächtnis bleiben. Traurige Worte, die zu Tränen rühren. Aber ein einziges Mal in deinem Leben möchtest du nicht der große Redner sein. Dies ist ein Abschied. Und manche Abschiede sollte man schweigend verbringen.

Der Fuchs scheint dich zu verstehen, denn er bleibt ruhig stehen. Euer beider Atem ist das einzige Geräusch, das die Stille durchbricht. Für eine lange, lange Zeit. Als er wieder spricht, obwohl leise und sanft, hört es sich an wie das lauteste Geräusch auf Dere.

„Jetzt.“

Und du öffnest die Augen.

***

„Dafür, dass sie in der Unterzahl waren, haben sie ganz schön was angerichtet“, meinte Ramirez, als er sich das Chaos besah, das ihr kurzer aber erbitterter Kampf gegen die Flüchtigen hinterlassen hatte. Mehrere seiner Kameraden lagen niedergestreckt am Boden, weitere waren verletzt und benötigten die Hilfe anderer, um zurück zum Schiff zu gelangen.

„Was für ne Sauerei“, murmelte er bedauernd, mehr an sich selbst als an die umstehenden Soldaten gerichtet. Manchmal fragte er sich, was er noch immer beim Al'Anfanischen Heer zu suchen hatte.

„Red nicht so viel und hilf mir lieber mal.“ Ein gerüsteter Ellenbogen stieß ihm klappernd in die Seite. „Wir müssen die Toten zum Hafen bringen.“

Seufzend rieb er sich über die Augen, nickte dann aber und half seinem Kameraden, einen der toten Flüchtigen anzuheben und in Richtung Hafen zu tragen. Der Mann, den sie an Armen und Beinen gepackt hatten, wirkte noch recht jung und ganz und gar nicht wie einer der Barbaren aus dem Norden. Was er mit einem gesuchten Thorwaler zu tun gehabt hatte, konnte sich Ramirez nicht vorstellen, dennoch war der junge Mann mit ihm zusammen geflohen, hatte für ihn gekämpft, war für ihn gestorben.

„Der hier war anscheinend adlig. Kein Wunder, dass sie den schnell loswerden wollen“, ächzte der andere Soldat, während sie durch die dunklen Gassen Teremons stiefelten. Trotz – oder gerade wegen – ihres Tumults zu so später Stunde trafen sie außer weiteren Soldaten keine Menschenseele. Wolken schoben sich vor das Madamal, so als wollten auch sie lieber den Schleier der Dunkelheit über das legen, was heute Nacht geschehen war.

Nach einem kurzen Stück Fußweg, fragte der Soldat erstaunt: „Wo ist die Kette?“

„Welche Kette?“, erwiderte Ramirez halb genervt, halb verwundert. Unwillkürlich wanderte sein Blick zum Hals des Toten, konnte in der Finsternis jedoch nichts erkennen.

„Silbern mit Anhänger. Ein Vogel. Ein Rabe oder etwas in der Art.“

Mit etwas Widerwillen blieb er stehen, verlagerte das Gewicht des toten Körpers auf einen Arm, um mit der freien Hand dessen Hals abzutasten. „Da ist keine Kette.“

„Bei Phex, ich hätte schwören können, dass ich sie vorhin noch gesehen habe! Wäre bestimmt ein paar Dukaten wert gewesen.“

Ramirez warf seinem Kameraden einen indignierten Blick zu. Selbst wenn ihr Sold bestimmt nicht der beste war und auch er willkommene Gelegenheiten zur Bereicherung immer gerne nutzte, kam ihm dieses Verhalten doch etwas unangebracht vor.

„Musste dir eingebildet haben“, knirschte er. Mit einem Schulterzucken bedeutete er seinem Kameraden, sich wieder in die Gänge zu kommen. „Na los.“

Dieser sah sich einen Moment lang zögernd um und musterte über die Schulter hinweg die Gasse, die sich hinter ihm gabelte. Ramirez rollte mit den Augen. Es war doch immer das gleiche mit den Landgängen. „Du hast schon wieder den Weg vergessen, nicht wahr?“

Sein Kamerad grinste entschuldigend und Ramirez widerstand dem Drang, ihm einen Schlag auf den Hinterkopf zu verpassen. Das hätte bei dem Morion auf dessen Kopf ohnehin nur wenig ausgemacht.

„Na los“, sagte er und nickte zur Gasse, die nach links abging. „Sie warten schon.“

Beide festigten noch einmal ihren Griff um Schultern und Beine des Toten, bevor sie sich wortlos wieder in Bewegung setzten und zwischen steinernen Mauern auf den Hafen zuhielten.

Über ihnen gab eine kleine Wolke das Madamal wieder frei und zog tief über den Dächern davon. Vielleicht, damit ihnen das matte Licht wieder den Weg weisen konnte. Vielleicht, weil sie gefunden, was sie gesucht hatte. Vielleicht, weil sie verloren, was sie einst gefunden hatte. Doch das spielte keine Rolle mehr. Es war Nacht auf Pailos, und obwohl die Hitze des Tages schon längst vergangen sein müsste, strahlte der sandige Boden noch immer Wärme ab.

*

Hold up... hold on... don't be scared
You'll never change what's been and gone
May your smile shine on
Don't be scared
Your destiny may keep you warm

'Cause all of the stars have faded away
Just try not to worry, you'll see them someday
Take what you need and be on your way
And stop crying your heart out


*
This account has disabled anonymous posting.
If you don't have an account you can create one now.
HTML doesn't work in the subject.
More info about formatting

Profile

ayascythe: Pink Reaper (Default)
ayascythe

Illusions

Don't part with your illusions. When they are gone you may still exist, but you have ceased to live.
~ Mark Twain

Style Credit

Expand Cut Tags

No cut tags
Page generated Jul. 1st, 2025 10:38 pm
Powered by Dreamwidth Studios